Zeit-Magazin
An der WM durfte er nicht teilnehmen – Nun träumt Kevin Kuranyi davon, das Leben mancher Kinder in Panama ein wenig besser zu machen.
Schon als kleiner Junge habe ich davon geträumt, bei einer WM zu spielen – für Brasilien, wo ich als Kind lebte. Als ich dann mit 15 nach Deutschland kam, in die Heimat meines Vaters, träumte ich davon, in der Bundesliga zu spielen. Bei meinem ersten Probetraining unter Felix Magath beim VfB Stuttgart spürte ich, dass mein Traum vom Profifußball in Erfüllung ging.
Anfangs hatte ich drei Möglichkeiten, in einer Nationalmannschaft zu spielen: in Panama, dem Heimatland meiner Mutter, in Ungarn, da sind die Wurzeln meines Vaters, und in Deutschland. Für mich war die Wahl immer klar: Mein Vater war Deutscher, hier habe ich meine Profikarriere begonnen. Ich fühle mich als Deutscher.
2006 hatte ich fast alle WM-Vorbereitungsspiele bestritten, wichtige Tore geschossen – und wurde dann nicht nominiert. Das war ein harter Schlag, und er traf mich völlig unvorbereitet, ich hatte mich als Teil der Mannschaft gefühlt, kurz vor der Erfüllung meines Lebenstraumes wurde ich aussortiert. Ein Albtraum. Aber ich habe die Enttäuschung überwunden und aus dieser Erfahrung viel gelernt. Sie hat mich reifer und stärker gemacht.
Als dann 2010 mein Traum von der Weltmeisterschaft zum zweiten Mal platzte, war ich gefasster. Trotzdem konnte ich mir die WM-Spiele kaum ansehen. Ich wollte so gern mitspielen, fieberte so extrem mit, dass ich Magenkrämpfe davon bekam und manchmal sogar umschalten musste, wenn ich es nicht mehr aushielt. Von einer WM-Teilnahme 2014 wage ich nicht mehr zu träumen.
In der nächsten Saison werde ich nicht mehr in der Bundesliga spielen. Ich wünsche mir, dass die deutschen Fans mich als netten Kerl in Erinnerung behalten, der für seinen Verein immer alles gegeben hat. Und als jemanden, der aus seinen Fehlern gelernt hat.
Es gibt noch einen anderen Lebenstraum. Ich habe als Junge zwei Jahre lang in Panama gelebt. Ich träume davon, das Leben der Kinder dort ein wenig besser zu machen. Seit einigen Jahren unterstütze ich die Mannschaft, in der ich als Kind spielte, mit Trikots, Bällen, Geld. Ich organisiere da jedes Jahr ein Benefizspiel. Die Familien dort sind sehr arm. Oft habe ich als Kind davon geträumt, jemand würde mir Fußballschuhe schenken oder einen vernünftigen Ball. Das Glänzen in den Augen der Kinder zu sehen – das ist ein tolles Gefühl! Ich möchte diese Kinder motivieren, ihr Leben in die Hand zu nehmen und nicht in Drogen und Kriminalität abzurutschen, was dort leider sehr verbreitet ist. Einer meiner Cousins ist in Panama vor einigen Wochen bei einem Bandenstreit erschossen worden. Er war gerade mal 21. Ich hatte seit Jahren versucht, ihn auf einen anderen Weg zu bringen, leider ohne Erfolg. Es ist schlimm, so etwas in der eigenen Familie erleben zu müssen. Es hat mir noch mal deutlich gemacht, wie wichtig es ist, den Kindern zu helfen.
Ich würde gern mal eine Weile in Panama oder Brasilien leben und meinen Kindern meine Wurzeln nahebringen. Danach will ich zurück nach Deutschland. Ich liebe die Sicherheit und Ordnung hier.